Eine genaue inhaltliche Vorgabe zum Förderauftrag regelt das Genossenschaftsgesetz nicht. Warum?
Eine Winzergenossenschaft fördert ihre Mitglieder beim Einkauf von Hilfsgütern und bei der Vermarktung des produzierten Weins. Gelingt es der Genossenschaft durch professionelles Marketing den Abgabepreis des gemeinsam erzeugten Weins auf ein überdurchschnittliches Preisniveau anzuheben, gewinnen alle Mitglieder.
Eine Einkaufsgenossenschaft fördert ihre Mitglieder durch Mengenbündelung, Rückvergütungen, Warenkreditversicherungen und mit abgestimmten Marketingmaßnahmen. Hier geht es um Zahlungsziele und Mengenrabatte. Als Druckmittel gegenüber der Markenartikelindustrie vermarkten erfolgreiche Einkaufsgenossenschaften auch Eigenmarken (private Label) also Massenprodukte. Die Summe aller Maßnahmen sind „Member Value“.
Eine Wohnbaugenossenschaft stellt ihren Mitgliedern gegen ein Nutzungsentgeld bezahlbaren und gut ausgestatteten Wohnraum zur Verfügung und schützt diese vor willkürlichen Mieterhöhungen und Kündigungen. Das Wohnraumangebot und
die Ausstattung der Wohnungen sollten sich immer an den Bedürfnissen und Anforderungen der Genossen orientieren. Die Förderleistung ergibt sich aus dem Nutzungsentgeld, das unter dem regionalen Mietspiegel liegen sollte.
Eine Bankgenossenschaft fördert ihre Mitglieder durch die Bereitstellung von leistungsfähigen Finanzprodukten, bzw. durch z.B. die Gewährung von Krediten an Mitglieder zu günstigeren Konditionen als an „Nur-Kunden ohne Mitgliedschaft“. Die in der Satzung vorgeschriebene individuelle Mitgliederbetreuung steht für den „Member Value“. Auch hier gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung. Eine Diskriminierung oder Clusterung der Mitglieder nach Ertrags- oder Risikopotenzial ist unzulässig. „Nur-Kunden ohne Mitgliedschaft“ müssen dagegen ungleich behandelt werden. Die Verknüpfung von Bank- und Versicherungsdienstleistungen kann für die Bank hochprofitabel sein, aber zu Lasten der Mitglieder gehen. Hier sind Zielkonflikte vorprogrammiert.
Wir wollen uns aktiv in die Diskussion um den genossenschaftlichen Förderauftrag einbringen. Unsere Zielsetzung ist es, Delegierte und Mitglieder auf die im Genossenschaftsgesetz verankerten Rechte aufmerksam zu machen.